Sondergläser, Ferngläser mit hohen Vergrößerung und Spektive im Test Teil 1

Sondergläser Test
Neben den „ganz normalen” Ferngläsern gibt es noch eine Reihe von Sondergläsern, die sich für spezielle Aufgaben und Einsatzgebiete eignen. Sie sind teils mit aufwändiger Technik ausgestattet, damit sie die Anforderungen erfüllen können.

Als Sondergläser kann man Ferngläser bezeichnen, die für bestimmte Aufgaben gebaut werden, die man mit „normalen” Pocket-, Pirsch- oder Nachtgläsern nicht meistern kann. Teils reichen sie in das Gebiet der Optolelektronik, Das heißt, die analoge Optik ist mit Elektronik in den Beoabachtungsgeräten gepaart. Man kann bei den Sondergläsern zwischen folgenden Gläsern unterscheiden:

Ferngläser mit hoher Vergrößerung (über 10fach) Ferngläser mit mehreren Vergrößerungen Bildstabilisierte Ferngläser mit hoher Vergrößerung Binokulare Ferngläser mit Laserentfernungsmesser

Ferngläser mit hoher Vergrößerung
Sicherlich gibt es Bereiche, wo man sich eine höhere Vergrößerung als 10fach im Fernglas wünscht, etwa an Küsten oder in Steppenlandschaften, wo allgemein die Entfernungen größer sind, aber auch beim Birdwatching, wenn es unmöglich ist, näher an die Vögel heranzukommen, sei es, um Störungen zu vermeiden, oder weil die Adler hoch oben in der Felswand sind. Natürlich gilt das auch für Wildbeobachtungen in Savanne oder Steppe, wo das Wild weit entfernt steht. Hohe Vergrößerungen im Fernglas haben den großen Nachteil, dass sich Handunruhe negativ auswirkt. Wackeln macht sehr oft den optischen Vorteil der hohen Vergrößerung zunichte.

Wackelt man beim Beobachten, so wird die Auflösung und Schärfe geringer. Man kann dann mit 12- oder gar 15facher Vergrößerung viel weniger erkennen als mit einem 8fachen Glas. Man tut gut daran, mit den hoch vergrößernden Ferngläsern zumindest die Arme abzustützen. Man kann sie jedoch auch auf einem Stativ befestigen und hat dann eine sehr solide Ausgangsbasis. Es gibt Träger für Stative, auf denen die Ferngläser sich mit Gummibändern aufschnallen lassen. Andere Ferngläser haben Stativanschlüsse. Mittels Adapter lassen sie sich dann auf ein Stativ schrauben, Sicherlich handelt es sich bei den hoch vergrößernden Gläsern um Tageslichtgläser. Einige eignen sich bis hinein in die beginnende Dämmerung. Ich denke, 50-mm-Objektive sind ein guter Kompromiss. 56-mm-Objektive sind zwar möglich, machen die Ferngläser aber schwer. Eine etwas größere Austrittspupille ist aber nie verkehrt. Sie erhöht einfach den Sehkomfort, da man die Augenpupille nicht so genau zu platzieren braucht.

Ferngläser mit hohen Vergrößerungen
Seit langem gibt es die so genannten Zoomferngläser. Einfache Porroprismenferngläser, bei denen mittels eines Hebels an den beiden Okularen die Vergrößerung stufenlos in einem gewissen Bereich verstellt werden kann. Die optische Qualität dieser Gläser lässt zu wünschen übrig. Sie erfüllen keine gehobenen Ansprüche an die Optik. Das Zoom stellt ferner keine ideale Vergrößerungswahl dar. Schließlich müssen beide Fernglashälften exakt dieselbe Vergrößerung haben, ansonsten leidet die Beobachtungsqualität. Man bekommt Kopfschmerzen und längeres Beobachten ist kaum möglich. Bei den einfachen Zoomferngläsern bleibt das Ein-justieren derselben Vergrößerung je Seite im Zoombereich dem Zufall überlassen. Ferner besitzen diese Gläser keinen automatischen Dioptrienausgleich.

Im hochwertigen Bereich kenne ich derzeit nur Leicas Duovids, die mit zwei Vergrößerungen eine exzellente Leistung bieten. Es handelt sich um die Duovids 8+12×42 und 10+15×50. Je nach Bedarf lässt sich hier ohne optische Qualitätseinbußen die eine oder andere Vergrößerung benutzen, etwa für Freihandbeobachtungen die geringere Vergrößerung, und aufgelegt oder abgestützt die höhere Vergrößerung, damit man mehr Details erkennt. Bei Vergrößerungswechsel erfolgt automatisch ein Dioptrienausgleich.

Bildstabilisierte Ferngläser mit hoher Vergrößerung
Bildstabilisierte Ferngläser mit hoher Vergrößerung können zur Freihandbeobachtung verwendet werden. Bei ihnen spielt die Handunruhe und das Wackeln keine Rolle, da es technisch im Fernglas ausgeglichen wird. Diesen Vorteil muss man sich aber mit einigen Nachteilen erkaufen. Die aufwändige Bildstabilisierungstechnik muss im Fernglas untergebracht werden. Das macht das Fernglas wesentlich größer und schwerer. Bildstabilisierte Ferngläser haben größere, eckigere Gehäuse. Die eingebaute Technik hat zudem Masse, was das Gesamtgewicht erhöht.

Die bildstabilisierten Ferngläser sind viel weniger führig als vergleichbare „normale” Ferngläser mit denselben optischen Kenndaten, zudem ist die bildstabilisierende Technik empfindlich. Nur Zeiss hat eine mechanische Bildstabilisierung mit kardanischer Aufhängung, die ohne eine Energiequelle auskommt. Die anderen bildstabilisierten Ferngläser arbeiten mit Elektronik und benötigen Batterien. Man kennt ältere Systeme, die mit Flüssigkeit arbeiten.

Schwingungsempfindliche, hochempfindliche Beschleunigungsmesser (Bewegungssensoren) messen dreidimensional jede Erschütterung. Die Gradmessungen (Ausgleichswinkel +/- 0,7 Grad) werden über einen Microcomputer in Korrektursignale umgewandelt und ein Glaskeil mit Flüssigkeit sehr schnell angesteuert. Dieser Glaskeil(oder die Prismen) verändert blitzschnell seine Stellung und verhindert so das Auswandern des Bildes. Das Bild wird bei Handunruhe stabilisiert und erreicht das Auge scharf. Durch die Flüssigkeit in dem Glaskeil wird das System primär mehr stabilisiert und gedämpft. Der Effekt zur Bildstablisierung auf Grund der Flüssigkeit ist eher gering.

Der Nachteil dieses Systems ist die zusätzliche, bewegliche Optik mit der hoch brechenden Flüssigkeit im Strahlengang. Durch das Hin- und Herbewegen der Prismen leiden natürlich die Bildbrillanz sowie der Kontrast im Vergleich zu einem herkömmlichen Fernglas etwas. Ein weiterer Nachteil ist die Energie-/Batterieabhängigkeit.

Neuere Systeme arbeiten heute wie Bildstabilisatoren in Videocameras. Canon verwendet dazu ein Vari-Angle-Prisma (VAP). Das System hat einen horizontalen und vertikalen Sensor, der die Bewegungen wahrnimmt und an einen Microprozessor leitet, der das variable Prisma zum Ausgleich der unruhigen Bewegungen sich bewegen lässt.

All das funktioniert aber nur mit Batteriestrom. Batterien haben den Nachteil, kälteempfindlich zu sein. Bei großer Kälte können sie sogar ganz versagen. Ferner ist man einfach von ihnen abhängig und benötigt einen neuen Satz, wenn die Batterien im Gerät verbraucht sind. Ich sehe den größten Nachteil der bildstabilisierten Ferngläser jedoch in ihrer Größe, dem Gewicht und der geringen Führigkeit. Bei etlichen Produkten ist auch die optische Leistung nicht sehr hoch. Sie sind ferner keinesfalls sehr robust.

Binokulare Ferngläser mit Laserentfernungsmesser
Laserentfernungsmesser in einem Fernglas ist eine feine Sache. Man kann Entfernungen ausmessen, die einen interessieren. Aber auch für professionelle Zwecke werden solche Ferngläser benutzt. Dabei wird durch ein Objektiv – bei Leica in der Mittelachse integriert – ein Laserstrahl ausgesandt und das vom Objektiv reflektierte Laserlicht vom Objektiv des Fernglases aufgefangen. Ein Strahlenteilerprisma leitet das Laserlicht zu einem Rechner. Aus der benötigten Zeit vom Aussenden des Laserstrahls bis zum Empfang des reflektierten Laserlichts wird die Entfernung berechnet. Die ermittelte Entfernung wird dann im Okular angezeigt. Ohne die Messung per Knopfdruck zu aktivieren, hat man ein normales binokulares Fernglas zur Verfügung.

Das hat den Vorteil, zu einem herkömmlichen Fernglas nicht noch einen separaten Laserentfernungsmesser mitführen zu müssen. Mit dem Leica Geovid 8×42 oder 10×42 BRF gibt es Ferngläser mit Laserentfernungsmessung, die eine hervorragende Optik aufweisen und auch noch führig ohne nennenswertes Mehrgewicht sind. Im Folgenden werden einige getestete Produkte kurz vorgestellt:
Ferngläser mit hoher Vergrößerung

Swarovski SLC 15x56WB
Ein Fernglas mit hoher Vergrößerung, das in jeder Beziehung eine Spitzenleistung erbringt. Das robuste Aluminiumgehäuse ist mit einer säurefesten Gummiarmierung versehen, der Handschweiß nichts anhaben kann und die sehr gut dämpft. Selbstverständlich sind da abnehmbare, sehr gut arretierbare Drehaugenmuscheln, Stickstofffüllung gegen Innenbeschlag und Wasserdichtheit. Das Glas erwies sich in der Praxis als sehr robust und widerstandsfähig. Alle Glas-/Luftflächen sind mehrschichtvergütet. Die an den Außenflächen der Linsen aufgetragene Swarodur-Vergütung ist kratz- und abriebfest. Die Fokussierwalze ist groß und selbst mit Handschuhen bestens bedienbar. Sie beinhaltet auch den Dioptrienausgleich. Dauerhafte Dichtheit wird durch die Innenfokussierung, einschließlich Dioptrienausgleich gewährleistet. Es kommen Dachkantprismen zur Anwendung, natürlich mit P-Belag, damit keine Phasenverschiebung und damit Interferenzeffekte auf- treten. Das Glas ist mit der Prismenvergütung Swarobright ausgerüstet, es wird kein einfacher Silberspiegel zur Lichtreflektion verwendet. Eine Vielzahl von hauchdünnen Schichten wird aufgetragen.

Swarovski SLC 15×56

Dadurch wird eine extreme Lichttransmission erreicht, aber vor allem eine optimale Farbtreue über das gesamte Lichtspektrum. Die Optik bietet eine hervorragend Bildbrillanz mit gestochener Schärfe bei sehr hoher Randschärfe. Das helle Bild ist sehr kontrastreich und extrem farbtreu. Das Glas ist sehr ausgewogen und liegt ruhig in der Hand. Mittels Adapter kann es auf ein Stativ geschraubt werden.

Zeiss Conquest 15x45BT*
Ein Zeiss Fernglas mit etwas einfacherer Optik als bei den Zeiss Victory Ferngläsern. Sicherlich ist der Unterschied sichtbar. Trotzdem bietet das Conquest 15x45BT* eine sehr gute Optik mit guter Bildbrillanz bei gestochener Schärfe mit guter Randschärfe. Die Farbtreue ist ebenfalls sehr gut. Das Fernglas ist wasserdicht, wurde mit Stickstoff gefüllt und hat Drehaugenmuscheln sowie Brillenträgerokulare. Das faserverstärkte Kunststoffgehäuse wurde gummiarmiert. Die große Fokussierwalze ist sehr gut erreichbar und lässt sich auch in der Kälte mit Handschuhen bestens bedienen. Die mehrschichtvergütete Optik basiert auf Dachkantprismensystem mit P-Belag. Das Glas ist mit 620 g Gewicht extrem leicht und auch führig. Es bietet eine sehr gute Optik mit hoher Schärfe und gutem Kontrast. Die Pluspunkte liegen eindeutig bei der extremen Füh- rigkeit. Ein hoch vergrößerndes Glas, das beim Tragen nicht zur Last fällt. Zeitgemäß ist auch die Innenfokussierung, die Dichtheit gewährleistet.

Optolyth Royal 15x63BGA

Optolyth Royal 10x63BGA

Ein mit 1220 g keinesfalls leichtes Dachkantprismenglas, das eine etwas veraltete Technik aufweist. Das gummiarmierte Fernglas hat einen Rohrkörper aus Aluminium. Die durchgehende Brücke besteht aus einem faserverstärkten Kunststoff, der nach Belastung stets in seine Ausgangsposition zurückfedert. Die beiden Fokussierwalzen an Brückenanfang und -ende sind gut erreich- und bedienbar. Selbst bei großer Kälte laufen sie gleichmäßig und geschmeidig. Es handelt sich um keine Innenfokussierung. Die Okulare bewegen sich beim Fokussieren auf und ab. Ebenfalls erfolgt der Dioptrienausgleich am rechten Okular nicht ausschließlich im Fernglasinneren. Dichtheit wird mit O-Ringen erreicht. Gegen Innenbeschlag wurde das Fernglas mit Stickstoff gefüllt. Die Okulare sind mit Stülpaugenmuscheln ausgerüstet. Dank echter Brillenträgerokulare können Brillenträger das gesamte Sehfeld nutzen. Die Optik wurde mehrschichtvergütet und die Dachkantprismen sind mit P-Belag versehen. Geboten wird eine mittlere Bildbrillanz mit guter Schärfe. Randunschärfe ist sichtbar. Der Kontrast ist noch gut. Das Glas liegt ruhig in der Hand.

Sondergläser, Ferngläser mit hohen Vergrößerung und Spektive im Test Teil 2